Kampfsportler holt 10. WM-Titel
Oliver Schawe im Interview

Er gehört zu den absoluten Spitzensportlern hier in der Region seit rund 30 Jahren. Jetzt gewann Oliver Schawe aus Wallenhorst bei der Kickbox-WM in Portugal seinen zehnten WM-Titel. Außerdem durfte sich der 46-Jährige als Leiter seiner Kampfsportschule Schawe (seit 2003) im Januar bei der Osnabrücker Nacht des Sports im Alando Palais über die Auszeichnung „Trainer des Jahres“ freuen. Der eulenspiegel traf den sympathischen Vorzeigesportler zum Exklusiv-Interview, in dem der Zweimeter-Hüne über die WM, seine nächsten Ziele und den Kampfsport in der Ausbildung sprach.

Oliver, Du bist jetzt schon zum zehnten Mal in Portugal Weltmeister geworden – außergewöhnlich. Kannst Du Dich nochan Deinen ersten Titel erinnern?
Das war 1987 in Augsburg, auch damals im Kickboxen, obwohl ich schon Taekwondo trainiert habe. 1988 bin ich dann gewechselt zum olympischen Teakwondo, wo ich 1992 in Barcelona dann am olympischen Demo-Wettbewerb teilgenommen habe. Vom Kickboxen unterscheidet sich Taekwondo, dass man dort mit den Händen nicht zum Gesicht boxen darf.

Wie sind Deine zehn WM-Titel aufgeteilt?
Es sind acht Kickbox-WM-Titel und zwei Schlagkraft WM-Titel. Es gibt einen Schlagkraft-Messer, wo ich 2011 in zwei Kategorien gewonnen habe. Im Taekwondo bin ich einmal Vizeweltmeister geworden, da habe ich mich damals gegen den Tony Sörensen aus Dänemark aber ein wenig wegen einer komischen Punktevergabe veräppelt gefühlt. Ich war dennoch WorldCup-Sieger und Europa-meister auch im Taekwondo. Bei dem World-Turnier 1997 in Portland (USA), das ist quasi eine inoffiziellen Weltmeisterschaft, habe ich im Taekwondo ebenfalls gewonnen.

Dieser WM-Titel in der offenen Klasse ist bestimmt etwas Besonderes, gerade im hohen Alter von 46 Jahren gegen die jungen Gegner im Schwergewicht, oder? Und dazu kam ja auch noch die Hypothek eines Kreuzbandrisses, den Du Dir im Vorfeld zugezogen hattest.
Ich habe mich gut vorbereitet, auch wenn ich im Training hier nicht so die Gegner in meiner Gewichtsklasse habe. Die sind aber auch alle jung. Ich habe mir beim Training immer gedacht, es geht ja noch. Klar das Sprunggelenk merke ich ab und an und das linke Knie ist kaputt, das rechte ja jetzt leider auch. Im WM-Halbfinale hatte ich mit einem Jamaikaner eine imposante Erscheinung als Gegner, der wollte natürlich. Aber in solchen Situationen bin ich auch extrem motiviert. Mein zehnter Titel, das musste unbedingt klappen. Trotzdem habe ich schon manchmal gedacht, was machst Du hier eigentlich? …

Im Finale, wer war da Dein Gegner? Warst Du nervös?
Der Gegner war ein Amerikaner. Ich hatte schon ein paar Probleme mit dem Knie. Im Training war alles super, aber der Wettkampf ist schon anders. Ich lag hinten, da musste ich Gas geben und habe einen Sidekick gemacht. Zum Körper geschlagen – der ging auf den Boden, da war mein Bein aber leider überstreckt. Da habe ich kurz gedacht, hörst du auf. Irgendwie ging es dann doch und ich habe die drei mal zwei Minuten Kampfzeit, so lange ist die bei den Amateuren, als Sieger beendet und war Weltmeister.

Du bist Inhaber einer Kampfsportschule, wie sah Deine WM-Vorbereitung aus, sicher nicht ganz so einfach?
Ich musste mir wie jeder andere die Zeit auch nehmen, um mich speziell vorzubereiten. Der Vorteil ist, dass ich mir aufgrund des Wochenablaufes die Zeit einteilen konnte, weil ich hier alles habe. Ich habe in der Vorbereitung schon versucht, jeden Tag zwei Einheiten zu schaffen. Dazu kam das Training mit unserer Wettkampfmannschaft.

Diesmal warst Du alleine bei der WM, sonst waren ja noch andere immer dabei, man denke an die Ronja Hassan. Warum?
Wir gehören zur WKU, da kennt man besonders die Dr. Christiane Theis. Es gibt aber noch zwei andere Verbände. Bei der WKU habe ich im letzten Jahr meinen neunten Titel geholt und dort habe ich eigentlich alles gekämpft, auch wenn der letzte WM-Sieg sehr knapp war im Finale. Deshalb hat mich die WM der International Sport Kickboxing Association (ISKA) gereizt. Da war ich im November in Stuttgart beim WM-Qualifikationsturnier und habe gewonnen. Dort hat mich der Bundestrainer sofort angesprochen, obwohl es eigentlich um die in Kürze anstehende USA-Reise ging.

Was wartet da auf Dich? Wann geht es los?
Am 28. Juni fliegen wir nach Miami. Dort ist zunächst ein vier-tägiges Trainingslager, ehe es dann weiter geht nach Orlando Florida zu den US Open. Das ist das größte Turnier überhaupt und dazu noch verbandsübergreifend. Das ist das Non plus ultra, wo ich auch noch nie war. In den USA hat der Kampfsport sowieso einen höheren Stellenwert als hier in Europa, deshalb freue ich mich riesig darauf. Das ist für mich eine einmalige Geschichte. Ich bekomme die Reise sogar komplett bezahlt.

Als zehnfacher Weltmeister musst Du in der Kampfsportszene eine große Nummer sein. Wie ist das Standing weltweit? Fußballer werden beispielsweise in Deutschland richtig gehypt.
Ich versuche immer bescheiden zu bleiben. Ich komme aus Wallenhorst und bin dann immer überrascht auf den Turnieren über die Reaktion der Gegner und Teilnehmer. Jetzt bei der WM kamen wieder viele auf mich zu und haben gefragt, ob sie ein Foto mit mir machen können. Da gibt es Verbandspräsidenten, die selber große Sportler waren, das ist schon komisch. So etwas passiert aber eigentlich ständig. Vielleicht liegt das auch an meiner Erscheinung. Ich bin groß, habe dennoch immer an meiner Technik gearbeitet und bin mit meiner Größe sehr schnell und beweglich. Davon sind viele bestimmt beeindruckt und überrascht.

Was hast Du noch für sportliche Ziele?
Erst mal haben die US Open jetzt absolute sportliche Priorität. Angeboten bekommen habe ich vom Bundestrainer außerdem die Teilnahme an Länderwettkämpfen, die werde ich aber dieses Jahr absagen. Dann habe ich noch einen Profikampf angeboten bekommen, das ist aber noch nicht hundertprozentig in trockenen Tüchern. Da muss ich auch erstmal schauen, wie mein Knie mitmacht. Kickbox-Wettkämpfe gibt es in der Region eigentlich gar nicht, schon erstaunlich.

Wo kann man Dich mal kämpfen sehen?
Portugal, USA (lacht) – die Artland Arena wäre eine optimale Halle für so ein Event. Da muss es dann bloß jemanden geben, der das mal organisiert. Die Halle Gartlage wäre vielleicht ebenfalls eine schöne Location. Kampfsport – Taekwondo, Karate, Judo – wird immer beliebter. Vielleicht ist das eine Aufgabe für mich, wenn ich nicht mehr kämpfe. Eventuell ist ein Kampfsportevent auch eine denkbare Sache, wenn ich jetzt einen Profi-WM-Kampf gewinnen sollte, den Titel hier in der Region zu verteidigen und das mit einem Rahmen-Kampfprogramm.

Du bist im Winter bei der Nacht des Sports zum Trainer des Jahres gekürt worden. Was bedeutet Dir mehr, die zehnte WM-Medaille oder der Trainer-Titel?
Auf den zehnten WM-Titel sprechen mich sehr viele an, gerade auch auf der Maiwoche. Hier wird überall davon gesprochen. Das finde ich natürlich ganz toll und ich bin sehr stolz, dass unsere Sportart jetzt mal so im Rampenlicht ist. Mir wird dann auch erst richtig bewusst, dass das wohl eine sehr große Leistung gewesen ist, zum zehnten Mal Weltmeister. Der Gianni, unser Eismann, mein Nachbar, der sagte letztens: Das ist kein Zufall, das ist Können. Da freu ich mich richtig, wenn man so etwas hört. Ich leiste dafür sehr viel, und wenn das gesehen wird, freut man sich natürlich riesig darüber.

Die Auszeichnung Trainer des Jahres?
Da bin ich natürlich genauso stolz drüber, eine solche Auszeichnung mit unserer Sportart. Und wenn die erfolgreiche Arbeit in meiner Kampfsportschule so anerkannt wird im Vergleich mit anderen Trainern und Sportarten, das ist natürlich sehr viel wert. Ich konnte damals bei der Gala gar nicht zeigen, wie ich mich gefreut habe.

Was steht für Dich als Trainer im Vordergrund? Was versuchst Du Deinen Schülerinnen und Schülern über den Kampfsport zu vermitteln?
Wir bieten hier in meiner Schule in erster Linie Sport an für jedermann. Wir hatten gestern hier jemanden, der war zurückhaltend, kam gar nicht so aus sich heraus. Der hatte kein Selbstbewusstsein – das entwickeln wir. Dazu versuchen wir die Fitness zu verbessern. Natürlich ist die Selbstverteidigung für Mädchen und junge Frauen wichtig. Und dann kommt erst der nächste Schritt – wer möchte das Ganze wettkampfmäßig betreiben. Da ist es dann besonders wichtig, dass man unbedingt will und dass man sich durchbeißt. Die Geschichte von mir mit meinem Kreuzbandriss und dann noch Weltmeister – dadurch lebe ich etwas vor, was im Kampfsport wichtig ist. Das ist generell auch für das normale Leben von Bedeutung, wie kann ich Widerstände überwinden.

Wieviele Schüler hast Du in Deiner Schule?
Mitglieder haben wir knapp 400 von den ganz kleinen Bonsai-Kids bis zu den Senioren. Die Sache ist in den letzten Jahren sehr gewachsen. Wir haben sehr viele Kinder, die motorisch etwas machen müssen aus therapeutischer Sicht. Da hilft mir meine Ausbildung als Physiotherapeut. Wer Interesse hat, der ist jederzeit bei uns im Wallenhorster Ortszentrum willkommen.